SGHB Exkursionsbericht vom 20. April 2013

Vom Abbau bis zum Endprodukt

Kürze

Kaltnasse Witterung sind auch zu Gast als sich die unentwegten 17 SGHB’ler um neun Uhr vor dem Gipsbergwerk und Gipsmuseum in Schleitheim treffen und alle freuen sich über das vom Zivilschutz zur Verfügung gestellte warme Lokal. Das Ziel der Organisatoren Thomas Zollinger und Hans Peter Stolz in diesem entfernten Ecken der Schweiz und auf historischen Pfaden die Wertschöpfungskette des Naturproduktes Gips zu einem modernen aktuellen Produkt naher zu bringen wurde voll erreicht. Vom Abbau im Bergwerk über die Aufarbeitung (Mühle) zu einem hochwertigen modernen Produkt in der Firma Sto zeigten uns hoch motivierte Führer die bemerkenswerten Leistungen von früher bis heute. Ein bemerkenswert gut gelungenes Experiment für das den Organisatoren Dank gebührt.

                                                  Sepp Böhni

Das Gipsmuseum- und Bergwerk von Schleitheim

Uli Stamm erläutert die Geschichte vom Gipsbau (Zollinger 2013)

Uli Stamm erläutert die Geschichte vom Gipsbau (Zollinger 2013)

Uli Stamm der heutige Bewahrer der Anlage bringt uns fachkundig die Geschichte des „Schlaatemer“ Gipsabbau und dessen Geschichte näher. Sein Grossvater als letzter Betreiber der Anlage stellte den Abbau 1944 ein.
Das Museum wurde aber bereits 1938 eingerichtet und der Stollen mit Museum 1962 der Gemeinde übergeben und als Stiftung weitergeführt.

 

 

 

2013 kann das Museum mit einer Sonderausstellung bis zum 7.Juli 2013 sein 75-jähriges Bestehen feiern

Entstehung von Gips

Exkursion_2013_4

Gips kann unter besonderen natürlichen Umständen einem gesteinsbildenden Prozess unterliegen. Durch Verdunstung von calciumsulfathaltigem Meerwasser fallen Gips und Anhydrit in früher Phase der Carbonat Abscheidung aus. Primär sedimentiert dabei Gips. Das in größeren Schichten beziehungsweise Aggregaten entstehende Gestein wird in der Petrographie zur Gruppe der Evaporite gezählt und ist auch unter dem Kulturbegriff Alabaster bekannt. Die Genese führt dabei zu kryptokristallinen oder kristallinen Ausbildungen mit einer Korngröße bis in den Zentimeterbereich.                                                                                                                           Im Nahbereich von solchen Lagerstätten können kristalline Neubildungen des Minerals Gips entstehen dann als Marienglas bezeichnet.
Anhydrit ist ein Sediment-Mineral und bildet sich oft als Verdunstungsprodukt von Meerwasser, wobei die Temperatur über 35 °C betragen muss. Bei niedrigeren Temperaturen bildet sich Gips. Es kann sich, weil es schwer wasserlöslich ist, direkt aus überhitztem Meerwasser ablagern oder aber zusammen mit Gips und Halit bei Verdampfung des Meeres entstehen. Weitere Begleitminerale sind unter anderem Calcit, Coelestin, Dolomit, Magnesit, Polyhalit, Sylvin und Schwefel.
Anhydrit nimmt bei kurzfristiger Feuchtigkeitseinwirkung kein Wasser auf. Steht das Anhydrit aber unter permanenter Feuchtigkeitseinwirkung, so verwandelt er sich langsam zu Gips. Dabei kommt es zu einer Volumen Zunahme, die mitunter sprengend wirken kann. So können im Bergbau Anhydrit-schichten durch Grubenwasser „anwachsen“, die Stollen verengen (Zwergenlöcher, Quellungshöhlen) oder Hebungen verursachen. Gips kommt so als Sedimentgestein überall dort vor, wo in erdgeschichtlicher Zeit Meere eingedampft sind, sofern nicht Lösungsprozesse den Gips nicht wieder verschwinden liessen. Auf einem Bild im Museum schön zu vermerken wie das Anhydrit in Blöcken aufgetürmt mit der Feuchtigkeit der Umgebung in Gips umgewandelt wird damit er weiter verarbeitet werden kann. Im Bergwerk von Schleitheim haben sich in den Ritzen des zerklüfteten Gesteins Fasergips  ausgebildet. Die verschiedenen Formen des Gipses können wir wie folgt aus der Literatur entnehmen.

Ein paar Eindrücke aus dem Museum und den Stollen im Bergwerk.

Museumsmühle Blumegg, Stühlingen

Um 11 Uhr verabschieden wir uns von Uli Stamm und fahren auf die deutsche Seite zur   Museumsmühle Blumegg, Stühlingen. Herr Albert in seiner originellen Art und Weise bringt uns die Geheimnisse der multifunktionalen Mühle und sprachliche Redensweisen aus den vergangenen Zeiten näher. „Blau machen“ – Zum Blau einfärben der Stoffe brauchte man sehr viel Urin. So musste man am Montag sehr viel trinken, damit genügend man Urin hatte. à „Blauer Montag“
Die Bauweise der Mühle ist in Deutschland einzigartig und stammt ursprünglich aus Italien. Das man seinerzeit nicht an der grösseren Wutach gebaut hatte, lag daran, dass die Wutach im Herbst teilweise wenig bis kein Wasser führt.

Aus der Tafel zur Geschichte zitieren wir, dass:
1732      der Müller Leoni Rendler wird als erster namentlich bekannter Müller erwähnt.
1783      der Müller H. Dettling verewigte seine Initialen im Bietstuhl des Mahlwerks der
Beimühle.
1924      bei der Erweiterung der Beimühle wird eine Gipspoch und ein Gipsmahlwerk zur
Herstellung von Düngergips erstellt.
1927      wird die Mühle modernisiert und 1939 wird die Mühle bedingt durch die
Einberufung des Verantwortlichen zur Wehrmacht stillgelegt.
1991      erfolgt die Sanierung des Wohngebäudes und Rekonstruktion der technischen
Einrichtungen durch das Landratsamt Waldshut, die Stadt Stühlingen und
weiteren Sponsoren zur Erhaltung dieses wichtigen Kulturgutes.

Die Mühle ist mit seinen 3 wassergetriebenen Rädern und den vielfältigen genialen Nutzungen einzigartig:

  • Das erste Wasserrad treibt die Früchtestampfe, Getreidemühle, Oelmühle und die Oelpresse an.
  • Das zweite Wasserrad  dient der Hanfreibe und der Gipspoche.
  • Das dritte Wasserrad ist ausschliesslich im Nebengebäude zum Gips mahlen bestimmt welcher vorwiegend als Dünger eingesetzt wurde.

Dieses multiple Konzept erlaubte eine optimale Auslastung der Mühle über mehrere Jahreszeiten.

Die Hanfreibe und die Verarbeitung von Lein und Brennesseln. 

Der Kollergang in dem Flachs „gebrochen“  und getrocknete Brennesselhalme “gerieben wurden; eine segnsreiche Erfindung zur Arbeitserleichterung. Den meisten von uns war nicht bekannt, dass aus der Brenessel schon vor 5000 Jahren in unseren Landen Fasern gewonnen und verwoben wurden, welche im Vergleicht zu Leinen schon fast wie Seide anzufassen sind.

Die bis zu 5 cm langen, sehr starken Fasern der Brennnesseln sind vor allem in der Rinde des Stängels, zwischen der sogenannten Oberhaut und dem Holzkörper im Inneren, zu finden. Zur Gewinnung der Fasern entfernt man zunächst die Blätter, anschliessend schabt man die Oberhaut der Stängel mit einer scharfen Klinge ab. Nachdem die Stängel ein paar Tage getrocknet wurden, legt man sie auf einen flachen Boden und tritt sie flach, damit sie der Länge nach auseinanderbrechen.
Die Oelmühle und Oelpresse konnte bei der Restaurierung nicht mehr aufgebaut werden. Das Gebäude befindet sich in Privatbesitz, wo anstelle der Oelmühle heute eine Ferien Wohnung eingebaut ist.

Zivilschutzanlage

Mittagessen in der Zivilschutzanlage

Gegen 13 Uhr fahren wir zurück nach Schleitheim, wo uns Uli Stamm den Aufenthaltsraum vom Zivilschutz zur Verfügung stellt, damit wir an der Wärme unser Picknick essen konnten. Zum Fachsimpeln hatte man so auch genügend Zeit.
Zum Abschluss unserer Exkursion besuchen wir uns die Firma Sto in Stühlingen.

Gips Putz

Verwaltungsgebäude der Sto AG (Zollinger 2013)

Verwaltungsgebäude der Sto AG (Zollinger 2013)

(Wikipedia) Putz wurde im 17. und 18. Jahrhundert aus dem Verb putzen gebildet. Das seit dem 15. Jahrhundert verwendete putzen bedeutete ursprünglich „den Butzen (Unreinigkeit, Schmutzklümpchen, Klumpen) entfernen“ (das Wort ist dahingehend etwa in der Butzenscheibe erhalten). Daraus entwickelten sich die zwei Bedeutungen „säubern, reinigen“ und „verschönern, schmücken“. An die Bedeutung des Reinigens knüpfen heutige Komposita wie Hausputz und Frühjahrsputz an. Die Bedeutung des Schmückens findet sich in alten Begriffen wie Kopfputz oder Putzmacherin, beide Begriffe stecken im Verputzen „Wände mit Mörtel bewerfen“. Gips Putz, Gips-Kalk-Putz oder Gips-Kalk-Zement-Putz: Geglätteter oder verriebener Putz für den Innenbereich.
Im Sinne unserer Exkursion ist die Firma Sto als Anwender von Gips zum Verputzen somit jemand der auf möglichst intelligente Weise  Produkte und Systeme schafft damit Firmen und Heimwerker die „Wände mit Mörtel bewerfen“ können.

Als erstes werden wir in den Vortragssaal des sehr modernen 17-jährigen Verwaltungsgebäude geführt um das umfangreiche Programm der Produkte und Dienstleistungen der Firma Sto und deren Geschichte kennen zu lernen.
In zwischen hat es aufgehört zu regnen und wie man sieht, ist beim Sto bereits der Frühling angekommen.

Frühling bei der Firma Sto (Zollinger 2013)

Frühling bei der Firma Sto (Zollinger 2013)

Nach dem Vortag können wir die Produktion anschauen wo am Samstag um diese Jahreszeit aber Ruhe herrscht. Die Produktion von Farben und Verputzen ist saisonal gebunden. In der kalten Jahreszeit wird nur im Zweischicht- Betrieb gearbeitet. Sobald es wärmer wird arbeitet man im drei Schicht Betrieb und auch am Samstag. Da im Betriebsgebäude keine Fotos gemacht werden dürfen, beschreiben wir kurz was da in etwa so „ab geht“. Im Betrieb mit zwei Schichten werden täglich mit rund 60 Lastwagen zu 40 Tonnen Rohstoffe angeliefert. Die verschiedenen Produkte werden in den 60 Silos eingelagert. In der Produktion werden aus zwei Rezepturen die Grundmassen hergestellt die dann in die 5 kg /25 kg Eimer oder 1000 kg Container abgefüllt werden. Für die Kunden werden dann gezielt, nach deren Anforderung und Wünschen die Grundmasse mit den Farben und weiteren Zutaten spezifisch zur Anwendung hergestellt. Jede Produktion wird im Qualtäts-Labor mit dem Standardprint des Kunden abgeglichen und freigegeben.
Als direkter Vermarkter ist die Sto AG weltweit vertreten und gut präsent. Eine der Stärken ist der sehr gut ausgebaute Kundendienst, die nachhaltige Entwicklung ebenso wie die innovative Forschung. So war es möglich, dass aus dem Kalk-Verarbeiter von einst, eine führende Firma für Farben / Putze und innovative Dämmsysteme wurde.

Kalköfen (Zollinger 2013)

Kalköfen (Zollinger 2013)

In den alten Kalkbrennöfen und Abfüllhalle hat man nach der Inbetriebnahme der neuen Produktionshalle ein Informations Zentrum eingerichtet (Schauraum). Im Kundenkaffee werden wir mit Kaffee und Kuchen von Frau Bordasch erwartet. So erwärmen wir uns auch an der ausgezeichneten Gastfreunschaft.

Kundenkaffee (Zollinger 2013)

Kundenkaffee (Zollinger 2013)

Beim Eingang stehen hinter mas-siven Steinblöcken; drei grosse Fotografien, wovon eine den Sto-Stollen zeigt, der sich ebenfalls auf dem Gelände befindet.

Anschliessend wurden alle unserer Fragen zu der ganzen Produkte-Palette in Form von Mustern und Anwendungsmuster beantwortet. Ein Teil der Fläche zeigt auch wir in den 1960 jahren gearbeitet wurde. Da ein sehr grosses Interesse unserer Teilnehmer an den Anwendungen und Techniken bestand, stellen wir um 17 Uhr fest, dass wir schon fast eine Stunde  auf den Terminplan überzogen haben. Voll der positiven Eindrücke aus dieser Exkursion machen wir uns auf den Heimweg.
Im Namen aller Anwesenden und der SGHB bedanke wir uns bein unserem Führer für die interessante und lehrreiche Führung sowie bei Frau Bordasch für die herzliche Bewirtung. Einen speziellen Dank sprechen wir an Herr Gerd Stotmeister aus. Seine persönliche Einladung zu der Besichtigung ermöglicht es uns, neues Wissen um Kompetenz in Farben und Putzen sowie ein nützliches Präsent nach Hause mit zu nehmen.

Zum Schluss bedanken wir uns auch bei den Teilnehmern. Rückmeldungen zeigen dass diese neue Form von Exkursion gut an zu kommen scheint.

 

Glück Auf

Thomas Zollinger und Hans Peter Stolz

Autoren: Thomas Zollinger, Sepp Böhni